Das Home Office ist längst in geschäftlichen Strukturen angekommen. Es bewährt sich zunehmend und doch tun sich manche Unternehmen in Deutschland weiterhin schwer mit der Implementierung.
Leider fehlt es sowohl den Arbeitgeber*innen als auch den Arbeitnehmer*innen an manchen Stellen noch an Vertrauen. Im Grunde bringt eine Übergangsphase von reiner Präsenzzeit zu einer Kombination aus Präsenzzeit und Home Office weiterhin Unsicherheiten mit sich, die anfangs ausgemerzt werden müssen.
Wie können also betriebliche Abläufe zielgerichtet und verantwortungsbewusst im Rahmen des New Work Ansatzes gewährleistet werden? Im folgenden haben wir hierzu ein paar Grundbegriffe und Ideen zusammengestellt.
Inhaltsverzeichnis
New Work Konzepte
In Deutschland hat sich über Jahrzehnte hinweg eine Präsenzkultur entwickelt, deren Effektivität und Angemessenheit lange Zeit nicht in Frage gestellt wurde. Dabei hat die rasante Entwicklung der letzten Monate hin zu offenen Bürokonzepten gezeigt, wie sinnvoll eine Verbindung zwischen Präsenzzeit und Home Office sein kann.
Bereits 2016 hält eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung fest, dass 40 Prozent der Arbeitsplätze in Deutschland ins Home Office verlegt werden könnten. Wenn nicht die komplette Belegschaft zu jeder Zeit vor Ort ist, kann etwa die Bürofläche maßgeblich reduziert werden.
So werden Miet- oder Pachtkosten minimiert. Die Erreichbarkeit der Mitarbeiter*innen wird zudem auch im Home Office gewährleistet, insofern eine gute Internetverbindung bereitsteht.
Coworking
Coworking ist ein ursprünglich aus den U.S.A. stammendes Konzept, das bereits 2005 und vorerst nur in Großstädten anzutreffen war. Dabei geht es um ein nebeneinander arbeiten mehr noch als um ein miteinander arbeiten. Coworking Spaces sind besonders für Selbstständige und Freiberufler interessant.
Diese Orte werden selten im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses wahrgenommen. Hier etablieren sich meist Verbindungen von Präsenzzeit im Unternehmenseigenen Büro mit Home Office.
Smart Working
Bei diesem Konzept geht es zum Einen darum, flexibel hinsichtlich des Arbeitsplatzes und der Arbeitszeiten zu sein. So können Aufgaben beispielsweise sowohl zwischen 8:00 und 13:00 Uhr im Büro oder auch zwischen 11:00 und 16:00 Uhr im Home Office erledigt werden.
Zum Anderen liegt es im Interesse des Smart Working Konzepts Technologien so effizient wie möglich in Arbeitsabläufe zu integrieren. Virtuelle Teams werden gegründet und neue Kommunikationstechniken kommen zum Einsatz.
Home Base
Dieses Konzept ist besonders für Selbstständige und Freiberufler von Interesse und kommt für Menschen in Anstellung eher selten in Frage, da sie meist nicht ohne Weiteres ihrer Präsenzpflicht im Unternehmen nachkommen können. Eine Home Base wird in der Regel in einem Wunschland eingerichtet, das mit bestimmten Vorzügen wie etwa gutem Wetter und Zugang zum Meer aufwartet.
Eine stabile Internetverbindung und gute Reiseverbindungen in die ehemalige Heimat sind oft ebenfalls wichtige Kriterien für das neue Zuhause mit integriertem Arbeitsplatz oder Coworking Option.
Nomad Office / Digital Nomad
In 2020 hat die Harvard Business Review ermittelt, dass nicht mehr ausschließlich Freiberufler und Selbstständige als digitale Nomaden die Welt bereisen. Der Anteil an angestellten U.S. Amerikaner*innen, die Reisen und Arbeiten verknüpften stieg von 3,2 Millionen in 2019 auf 6,3 Millionen in 2020, ein Anstieg von 96 Prozent.
In Deutschland schreitet eine solche Entwicklung erwartungsgemäß zögerlicher voran. Trotzdem tun Unternehmen gut daran, Verfahrensweisen und Richtlinien hinsichtlich ihrer angestellten Digitalnomad*innen zu implementieren, anstatt diese Entwicklung als Trend abzutun oder gar grundsätzlich zu verbieten.
Präsenzzeit und Home Office kombinieren

Die deutsche Gewerbeordnung (§106 Weisungsrecht des Arbeitgebers) besagt, dass Arbeitgeber*innen festlegen, wo die Arbeit ihrer Angestellten verrichtet werden soll. Im Umkehrschluss haben Arbeitnehmer*innen keinen allgemeinen Anspruch auf Home Office.
Die Entwicklungen und Ansprüche eines modernen Arbeitsumfelds sind der Gewerbeordnung wohl weit voraus. Dem entsprechend ist es erstrebenswert, die Bedürfnisse von Arbeitnehmer*innen mit denen des Unternehmens zu verknüpfen und sich ggf. auf eine Kombination aus Präsenzzeit und Home Office zu einigen.
Damit diese Verbindung erfolgreich ist, bedarf es einem grundlegenden Vertrauensverhältnis und offen dargelegten und möglichst individuell abgestimmten Regelungen bzgl. der Einrichtung des Arbeitsplatzes, der Sicherheit am Arbeitsplatz und der Arbeitszeiten.
Telearbeitsplatz im Home Office einrichten
Grundsätzlich ist das Unternehmen dazu angehalten, den Arbeitnehmer*innen die zur Arbeit notwendige Grundausstattung eines Telearbeitsplatzes zur Verfügung zu stellen. Das ist auch dann der Fall, wenn etwa Internetanschluss oder Bürostuhl bereits in Wohnung oder Haus vorhanden sind.
Strom- und Anschlusskosten sind ebenfalls vom Unternehmen zu tragen. Bezüglich der anfallenden Telefonkosten legt die/der Arbeitnehmer*in einen Verbindungsnachweis vor. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die bereitgestellten Arbeitsmittel im Eigentum der/des Arbeitgeber*in bleiben.
Es ist demnach nicht üblich, dass Arbeitnehmer*innen den eigenen PC für die Arbeit nutzen, ein Grundsatz, der den merklich wohl größten Unterschied zum mobilen Arbeiten und der freiberuflichen bzw. selbstständigen Arbeit darstellt.
Arbeitssicherheit: mobiles Arbeiten im Vergleich zum Telearbeitsplatz
Ist ein*e Arbeitnehmer*in ohne vertragliche Festlegung an anderen Orten als dem Unternehmenseigenen Büro tätig, spricht man im Allgemeinen von mobilem Arbeiten. Das unterscheidet sich rechtlich und dementsprechend auch in der praktischen Umsetzung von einem Telearbeitsplatz.
Denn beim mobilen Arbeitsplatz ist die Arbeitgeber*in nicht dazu verpflichtet, einen Bildschirmarbeitsplatz im Privatbereich der Angestellten einzurichten. Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) legt Grundsätzliches hinsichtlich der Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiter*innen fest. Es greift allerdings nur dann, wenn es sich bei dem Home Office um einen Telearbeitsplatz handelt.
Arbeitszeiten
Bevor sich Mitarbeiter*innen in eine Kombination aus Präsenzzeiten und Home Office begeben, ist es sinnvoll die Arbeitszeiten (Tage und Stunden) sowie Pausenzeiten und Überstunden klar darzulegen. In vielen Fällen können aus der reinen Präsenzkultur stammende vertragliche Aspekte diesbezüglich übernommen und angepasst werden.
Manche Arbeitgeber*innen entscheiden sich dazu, die Arbeitszeiten im Home Office technisch zu erfassen. Ob und in wie weit ein solches Verfahren mit gegenseitigem Vertrauen ersetzt werden kann, ist individuell zu klären und idealerweise schriftlich festzuhalten.
Agiles Arbeiten kurz definiert

Beim agilen Arbeiten geht es um eine unternehmerische Bewegung, die sich den starren Strukturen etablierter Unternehmen annimmt und diese im Kontext technischer Innovationen und wirtschaftlicher Entwicklungen aufbricht. Schnelle Veränderungen im Umgang mit gesellschaftlichen und technologischen Themen werden im Unternehmen reflektiert und gleichsam werden bürokratische Hürden abgebaut.
Einzelpersonen und Teams sind dazu angehalten, schnelle Veränderungen nicht als Bedrohung einer routinierten Arbeitsweise sondern als Möglichkeit zur Innovation zu betrachten. Mitarbeiter*innen können so im Rahmen des agilen Arbeitens schneller reagieren und im Idealfall zielführender arbeiten.
Mission Statement bzw. Leitbild des Unternehmens
Besonders bei etablierten und erfolgreichen Unternehmen besteht die Gefahr anzunehmen, dass das Leitbild allgemein bekannt ist. Doch bietet es sich im Zuge der Implementierung einer offenen Büroform an, das Mission Statement erneut klar zu kommunizieren und den Mitarbeiter*innen nahe zu legen.
Im Grunde geht es schließlich um die Resultate, die im Rahmen neuer und mobiler Arbeitsabläufe und Strukturen erzielt werden können. Mit einem frischen Blick aus dem Home Office lassen sich mitunter neue und zeitgemäße Wege finden, die gewünschten Resultate zu liefern und das Leitbild konkret umzusetzen.
Die Bedeutsamkeit von eigenverantwortlichem Arbeiten
Agiles Arbeiten ist nur dann erfolgreich, wenn den Arbeitnehmer*innen Verantwortung übertragen wird. Grundlage für eine gute Zusammenarbeit ist folglich ein zwischen Arbeitgeber*in und Arbeitnehmer*in herrschendes Grundvertrauen in die Kapazitäten des Einzelnen.
Nur so werden Vorhaben eigenverantwortlich umgesetzt, das Selbstbewusstsein der Teammitglieder sowohl individuell als auch im Rahmen des Teams wird gestärkt und agiles Arbeiten entfaltet sein volles Potential.
Analoge und digitale Kommunikation im Einklang
Kommunikation muss sowohl auf dem analogen Weg, etwa durch ein Gespräch, als auch auf dem digitalen Weg gewährleisten werden. Ein Unternehmen tut gut daran, die bisherigen analogen Meetings nicht vollständig durch digitale zu ersetzen. Zudem sollten die kommunikativen Elemente des agilen Arbeitens auf konkrete Zeitfenster in der Woche reduziert sein.
So wird sichergestellt, dass Themen gesammelt und explizit besprochen werden. Außerdem sind die übrigen Zeitfenster auf diese Weise eindeutig für das eigenverantwortliche Arbeiten vorgesehen.
Wünsche und Feedback der Kunden berücksichtigen
Selbstverständlich stehen die Wünsche der Kund*innen explizit an erster Stelle. Sie sind maßgeblich an der Gestaltung des agilen Arbeitens innerhalb eines Unternehmens beteiligt. Gerade in Zeiten des Umbruchs und des Aufbruchs ist das Feedback von Bestandskund*innen wie auch die Reaktionen von Neukund*innen besonders wertvoll. Schließlich sind sie, wie auch die Mitarbeiter*innen, Teil der rasanten technologischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung unserer Zeit.
Welches New Work Konzept passt zu welchem Arbeitstyp?
Menschen in Arbeitstypen zu kategorisieren gestaltet sich ebenso schwierig wie ihnen singuläre Charakterzüge eindeutig zuzuweisen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass in den meisten Fällen von Mischformen gesprochen werden kann. So sind Einzelpersonen selten nur entweder sogenannte Planer oder Trödler. Eine einfache Konzeptionierung lässt sich über Gaerner vornehmen. Dennoch ist ein tiefgründigerer Blick oft sinnvoller.
Tagesform, Gesundheitszustand, Stimmung und Charaktereigenschaften machen den Menschen zu dem faszinierenden und fluiden Wesen, der er ist. Ein Wesen, das sich auch hinsichtlich seiner Arbeitsmoral selten auf einen singulären Typ festnageln lässt. Und doch, so scheint es, gibt es eine Reihe von allgemeinen Arbeitstypen, die zu unterschiedlichen Ausmaßen immer wieder in Erscheinung treten.
Planer*innen und Smart Working
Planer sind Meister*innen der To-do-Listen. Sie wissen den Wert eines gut geplanten Vorhabens mehr zu schätzen als alle anderen, verlaufen sich allerdings mitunter auch in ihrer Planung. Denn ab einem bestimmten Punkt ist Tatkraft gefragt und in der praktischen Umsetzung geschehen unvorhergesehene Dinge, die Planer*innen schon einmal aus dem Gleichgewicht bringen. Kombinationen aus Präsenzzeit und Home Office können für Planer*innen durchaus interessant sein, insofern vorab die Modalitäten schriftlich festgelegt wurden.
Macher*innen und Nomad Office
Macher*innen fackeln nicht lange: Sie sehen ein Projekt vor sich und beginnen sofort mit der Arbeit. Dabei geht es nicht so sehr um eine wohl-durchdachte Planung sondern vielmehr um eine tatkräftige Umsetzung. Arbeitskolleg*innen kann diese eigenständige Vorgehensweise und Geschwindigkeit befremdlich erscheinen, was mancherorts die Zusammenarbeit im Team erschwert.
Tatsächlich sind Macher*innen aus diesem Grund gern in digitalen Teams unterwegs, sozusagen mit analogem Abstand. Hierbei können sie als digitale Nomad*innen wunderbar ihren Qualitäten entsprechend arbeiten und eigenverantwortlich Resultate liefern.
Perfektionist*innen und überwiegende Präsenzzeiten
Perfektionist*innen arbeiten zielgerichtet und pflichtbewusst darauf hin, bestmögliche Resultate zu liefern. So lässt die Qualität der Arbeit keine Wünsche offen. Im Umkehrschluss besteht die Gefahr, dass sich Perfektionist*innen in ihrem Vorhaben verlieren oder lieber zu gar keinem Ergebnis kommen anstatt nur ein gutes Resultat zu liefern.
Menschen mit diesen Tendenzen profitieren von einem direkten Austausch mit den Kolleg*innen vor Ort. Diese helfen ihnen, sich aus dem anspruchsvollen Kreislauf zu lösen und unmittelbar andere Wege einzuschlagen. Home Office Tage sind demnach auch für Perfektionist*innen interessant, insofern die Heimarbeit mit genügend Präsenztagen kombiniert wird.