Anzeige

Rangdynamik Modell

Obwohl jeder Mensch individuell ist, zeigen sich in Gruppen ähnliche Verhaltensmuster. Es gibt immer eine Führungspersönlichkeit, ihre Gefolgschaft und einen kritischen Skeptiker. Der Psychoanalytiker Raoul Schindler hat diese Dynamik in den drei Positionen seines Rangdynamik-Modells festgehalten.

Jeder Mensch ist anders und verhält sich daher auch anders. In Schulklassen ist dies besonders gut zu beobachten. Es gibt immer einen Klassensprecher, auch einen Klassenkasperl, ein paar Streber und Faulpelze und natürlich den bei den Lehrern besonders beliebten ständig nervenden Störenfried.

Rangdynamik-Modell funktioniert in jeder Gruppe

Der österreichische Psychotherapeut, Psychoanalytiker und Psychiater Raoul Schindler hat in den 1950er Jahren anhand von Beobachtung verschiedenster Gruppen aus seinem Arbeitsumfeld ein Modell für die Interaktion von Gruppenmitgliedern entwickelt. Es ist allgemein unter dem Begriff „Rangdynamisches Positionsmodell“, oder kurz „Rangdynamik-Modell“ bekannt.

Als Spezialist für Familientherapie, Gruppentherapie und Psychotherapie von Psychotikern kam er zu dem Schluss, dass dieses Modell immer funktioniert, egal ob in Schulklassen, Freundeskreisen, Familien, Gruppentherapiesitzungen oder Arbeitsgruppen in Unternehmen. Dieses besagt, dass in Gruppen ab drei Personen immer drei bis vier unterschiedliche Positionen besetzt sind.

In diesen Positionen geht es um Macht, Einfluss und Führung innerhalb der Gruppe. Es handelt sich dabei allerdings nicht um spezifisch vergebene Rollen. Dieses Phänomen der Positionsaufteilung erfolgt in jeder Gruppe und ohne, dass es den Gruppenmitgliedern bewusst ist.

Positionen im Rangdynamik-Modell

  • Alpha Position (Führungsposition, das Alpha Tier)
  • Gamma Position (Gefolgschaft des Alphas)
  • Omega Position (kritische Stimme, Gegenpol zum Alpha)
  • Beta Position (Beobachter, neutraler Experte)

Die Alpha-Position

Das Alpha-Tier ist in der Natur der Rudelsführer, so auch im Rangdynamik-Modell. Das Gruppenmitglied in der Alpha-Position bestimmt die Richtung, in die sich die Gruppe bewegt, leitet die Auseinandersetzung mit dem gemeinsamen Gegenüber, führt Verhandlungen und trifft Entscheidungen.

Anzeige

So identifiziert man die Alpha-Position in Gruppen

  • Sie formuliert die gemeinsamen Gruppenziele, die anderen folgen.
  • Sie spricht für die Gruppe und repräsentiert sie nach außen.
  • Sie verhandelt mit dem Gegenüber der Gruppe.
  • Sie gibt die meisten inhaltlichen Impulse.
  • Die anderen schweigen wenn sie redet; sie erntet selten Widerspruch.

Die Gamma-Position

Die Gammas stellen die Gefolgschaft des Alphas. Sie unterstützen die Richtung des Alphas durch Zuarbeiten, identifizieren sich mit den von ihm vorgegebenen Zielen, haben jedoch keinen eigenen Führungsanspruch. In einer Gruppe sind die Gammas meist die Mehrheit.

So identifiziert man die Gamma-Position in Gruppen

  • Sie stimmt dem Alpha sofort zu und bestärkt ihn in seinem Vorhaben.
  • Sie versucht die anderen auf die Seite des Alpha zu ziehen.
  • Sie steht hinter dem Verhalten des Alpha und versucht, es zu imitieren.
  • Sie reagiert gelangweilt, unwirsch oder sogar aggressiv auf die Einwürfe des Omega.

Die Omega-Position

In der Biologie ist die Omega-Position das Gegenteil von Alpha, der Schwächste, der erst zur Futterstelle darf, wenn sich alle anderen schon satt gefressen haben. Raoul Schindler hat die Omega-Position anders definiert. Er ist nach wie vor der Gegenpol zum Alpha, jedoch dahingehend, dass er Widerstand gegen die Zielerreichung ausdrückt, eingeschlagene Wege kritisch hinterfragt und mögliche Schwierigkeiten hervorhebt.

Dies ist zwar einerseits äußerst wichtig für die Risiken- und Gefahrenerkennung der Gruppe, von den anderen Mitgliedern wird der Omega jedoch oft als ungeliebter Störenfried empfunden oder als Sündenbock herangezogen.

So identifiziert man die Omega-Position in Gruppen

  • Sie reagiert am stärksten gegen Alpha und zieht in die Gegenrichtung.
  • Sie wird dafür von den Gammas bestraft.
  • Sie wird am ehesten als lästig oder störend empfunden.
  • Sie wird gern als Sündenbock herangezogen.
  • Sie wird mit seinen Einwänden und kritischen Fragen als Hindernis für eine schnelle Lösung oder Entscheidung betrachtet.

Die Beta-Position

Dies ist die einzige Position, die nicht unbedingt in der Gruppe vertreten sein muss. Die Beta-Position nimmt sozusagen die neutrale Rolle ein, oftmals der Spezialist oder Fachexperte. Mit emotionaler Zurückhaltung wirft der Beta hin und wieder sachliche Einwände ein und gibt unabhängige fachliche Ratschläge.

Durch seine neutrale Einstellung ist er oft nicht angreifbar. Die Betas sind oft gute Kandidaten für den Nachfolger des Alpha, aufgrund seiner Unabhängigkeit können die Gammas plötzlich von seinen Ideen mehr halten und ihn zum neuen Alpha machen.

So identifiziert man die Beta-Position in einer Gruppe

  • Sie gibt fachlich-sachliche Hinweise und Ratschläge bzgl. eingeschlagener Richtung und Methode.
  • Sie argumentiert nie emotional oder aus dem Bauch heraus, sondern immer mit anerkanntem Fachwissen untermauert.
  • Sie wird in schwierigen Situationen vom Alpha am ehesten zu Rate gezogen.
  • Sie nimmt auch zu Bezugspersonen außerhalb der Gruppe Kontakt auf.

Dynamik in den Gruppen

Die Dynamik in den Gruppen entsteht nun durch die Interaktion zwischen den einzelnen Positionen. Ihre gemeinsame Identität stärkt die Gruppe im Imponieren gegen Omega. Gleichzeitig ist man jedoch gegenüber „Feinden“ von außen eine eingeschworene Einheit.

Sollten Alpha oder Omega aus irgendeinem Grund die Gruppe verlassen, wird ein anderer an deren Stelle treten. Ein Anführer sowie der Gegenpol zum Alpha, ein kritischer Geist, sind in jeder Gruppe vorhanden.


Raoul Schindler

Raoul Schindler war ein österreichischer Psychotherapeut und Psychoanalytiker. Auf Basis seiner Beobachtungen von Gruppen aus seinem Arbeitsumfeld entwickelte er in den 1950er Jahren ein Modell für die Interaktion von Gruppenmitgliedern. Dieses Modell ist als „Rangdynamisches Positionsmodell“, oder kurz „Rangdynamik-Modell“ bekannt. Raoul Schindler gründete 1959 gemeinsam mit dem Psychoanalytiker Hans Strotzka den Österreichischen Arbeitskreis für Gruppentherapie und Gruppendynamik (ÖAGG). Im Jahr 1992 wurde ihm das „Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich“ verliehen.

Anzeige

 

Anzeige

Weitere Fachartikel

Auch interessant

Buchtipps

Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige