Durch die globale Vernetzung von Wirtschaft und Gesellschaft und durch die internationale Ausrichtung vieler Unternehmen werden immer mehr Projekte im interkulturellen Umfeld abgewickelt. Zahlreiche wechselseitig von einander abhängige Faktoren vervielfachen hier die Komplexität in den Projekten zusätzlich.
Der Einsatz von Projektmanagement-Methoden wird dadurch stark beeinflusst und muss dementsprechend ausgerichtet werden. Fast alle Aspekte des Projektmanagements müssen bei Projekten im interkulturellen Umfeld eventuell angepasst werden. Abzuklären ist vorab einmal ob es von allen Beteiligten ein gemeinsames Projektmanagement-Verständnis gibt.
Hier gibt es meist gleich zu Projektbeginn einige Überraschungen. Abhängig davon, welche Erkenntnisse es hier gibt, ist in weiterer Folge der Projektmanagement-Prozess, die eingesetzte Methodik, die unterstützenden Instrumente und das spezifische Vorgehen im Projekt anzupassen – natürlich gemeinsam.
Klingt alles halb so wild? Vielleicht, aber Achtung. Es gibt einige Themenfelder, die bei interkulturellen Projekten berücksichtigt werden müssen. Nachfolgend eine kurze Übersicht.
Inhaltsverzeichnis
Herausforderung: Kultur
Unterschiede in der Kultur sind die größten Herausforderungen in der Projektarbeit und treten in vielfältiger Form auf, zwischen verschiedenen Ländern, zwischen Kontinenten ebenso wie in unterschiedlichen Regionen eines Landes oder zwischen verschiedenen sozialen Schichten, Mutter- und Tochtergesellschaften.
Folgendes ist hier zu beachten:
- Geschichte, Vergangenheit
- Weltanschauung, Einstellungen
- Lebensstil, Umgangsformen
- Bedeutung des Faktors „Zeit“
- Rollenbilder und Erwartungen an bestimmte Rollen
- Führungs- und Hierarchieverständnis
- Wertehaltungen, Vorurteile
- Religion
- Tabus
Herausforderung: Räumliche Distanz
Die geografische Trennung erschwert meist persönliche Meetings. Es muss auf alternative Kommunikationskanäle zurückgegriffen werden. Die Art der Projekt-organisation, das Vorgehen im Projekt, die Kommunikationsstrukturen, usw. müssen dies berücksichtigen.
Die wesentlichen Schwierigkeiten sind
- Das „Gegenüber“ ist meist unsichtbar
- Der Aufbau von sozialen Beziehungen ist schwierig
- Manche Team-Mitglieder fühlen sich ev. vernachlässigt
- Viel Reisezeit für „face to face“ Meetings
- Zeitunterschiede
- Unterschiedliche Feiertage und Wochenenden
- Gravierend voneinander abweichende Arbeitsrhythmen
Trotz der Reisezeiten und -kosten sollte zumindest 1x im Quartal ein face-to-face-Meeting einberufen werden – für die Entstehung eines Team-Spirit unabdingbar!
Herausforderung: Kommunikation
Einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren erfolgreicher Projektabwicklung ist die Kommunikation im Projektteam. Diese wird in interkulturellen Projekten oft stark erschwert. Der Etablierung von fachlich effizienten und effektiven, aber auch sozial verbindenden Kommunikationsstrukturen ist daher besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Sonst ist das Projektteam nur auf dem Papier ein Team.
Viele Probleme ergeben sich aus folgenden Gründen
- Sprachunterschiede (unterschiedliche Sprachen, Dialekte, native Speaker vs. „Fremdsprachler“, Fachvokabular, …)
- Gleichsetzung von Kommunikationsproblemen mit Inkompetenz
- Zurückhaltung von Informationen wegen sprachlicher Unsicherheiten
- Fehlinterpretationen und Missverständnisse durch die fehlende Körpersprache bei Telefonkonferenzen, die in face-to-face-Konversationen Gefühle und Befindlichkeiten transportiert.
- Unterschiedliche Verhandlungs- und Entscheidungsstile
Umgang mit Unterschieden
Neben den angeführten Herausforderungen gibt es im Projektgeschehen zahlreiche weitere Unterschiede, die situativ stärker oder schwächer ausgeprägt auftreten und die es zu meistern gilt.
Bespiele dafür
- Wirtschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen
- Politische Situation
- Vorhandene technische Infrastruktur
- Bereits vorhandene (positive und negative) Erfahrungen in der interkulturellen Zusammenarbeit
- Ethnische Unterschiede, Mentalität
- Unterschiedliches Maß an Sicherheit auf internationalem Feld
- Unterschiedliche Arbeitsbedingungen
Team
Die Entwicklung von unterschiedlichen Persönlichkeiten hin zu einem Team bedarf vieler kleiner Schritte. In immer wiederkehrenden Schleifen muss der Projektleiter die Teammitglieder motivieren, um ihre sozialen Kompetenzen im Sinne eines gemeinsamen Miteinanders auszubauen.
Erfolgsfaktoren für interkulturelle Projektabwicklung sind
- Grundlegendes Vertrauen füreinander
- Verständnis und Akzeptanz für den „Anderen“ und dessen Kultur
- Toleranz, Respekt gegenüber Unterschieden
- Gemeinsamkeiten suchen
- Schaffung einer Teamidentität
- Ziele, Visionen, Aufgaben, Rollen, Vorgehen usw. immer wieder abstimmen
- Aufbau von sozialen Netzwerken auch über „Grenzen“ hinweg
- Kommunikationsbewusstsein entwickeln
- Sorgfältige Auswahl geeigneter Mitarbeiter für interkulturelle Projekte
- „Social events“ im Rahmen der Projektdurchführung
Fazit
Eine allumfassende Lösung für das Thema interkulturelles Projektmanagement gibt es leider nicht. Der erste Schritt ist immer die Sensibilisierung und Schaffung von Problembewusstsein. Wenn man dann noch die angeführten Themenbereiche im Auge behält und entsprechend berücksichtigt, können auch interkulturelle Projekte mit Flexibiliät und Toleranz unter den Projektmitarbeitern zum Erfolg geführt werden.
Begleitende Maßnahmen können noch spezifische Ausbildungsmaßnahmen, Coaching und eine externe Unterstützung des Teambildungsprozesses sein.