Wenn Projekte scheitern, dann zu ca. 80% nicht an zu hohen technischen Anforderungen, sondern an der mangelnden sozialen Kompetenz der Projektleiter. Deshalb stehen heutzutage weniger fachliche Skills, sondern das individuelle Persönlichkeitsprofil im Mittelpunkt.
Der Erfolg eines Projektes steht und fällt mit der Qualifikation des Projektleiters. Früher galten Projektmanager als Fachexperten, die ein technisches Problem zu lösen hatten. Die Projektleiter von heute hingegen tragen die Ergebnis- und Gesamtverantwortung für das Projekt, haben Budget-Verantwortung und müssen Führungsqualitäten aufweisen. Das Rollenbild und damit auch die die Anforderungen haben sich grundlegend verändert.
Inhaltsverzeichnis
Was ist ein Projektleiter?
Projektleiter sind für die Planung und Umsetzung verschiedener Projekte in Unternehmen zuständig. Sie kümmern sich außerdem um die Koordination der Projektmitarbeiter und der Teilprojekte, um die Dokumentation und den Transport von Informationen „nach außen“, sowie um den korrekten Abschluss und die Nachbereitung von Projekten. Ein Projektleiter ist außerdem immer eine Führungskraft, allerdings reicht reines Fachwissen alleine schon lange nicht mehr aus.
Branchen-Know-how ist zwar vor allem bei der Erstellung einer realistischen Projektplanung sinnvoll, ein Projektleiter muss heute allerdings längst das „Multirollenprinzip“ verstehen und beherrschen. Denn um herausfordernde und sozial komplexe Projekte erfolgreich meistern zu können, ist der Projektleiter gefordert Stratege, Manager, Repräsentant, Koordinator, Verhandlungspartner, Konflikt- und Krisenmanager, Psychologe, Seelentröster, und vieles mehr gleichzeitig zu sein.
Dies kann dennoch jeder erlernen, der sich mit der Thematik auseinandersetzt, die Theorie kennt und sie gemeinsam mit sozialer Kompetenz und „Hausverstand“ umsetzt. Eine gute Metapher für einen Projektleiter ist der Dirigent. Er weiß, wann welches Instrument einsetzen muss, wählt dafür die besten Musiker aus und schwingt den Taktstock auf der Konzertbühne. Das Ergebnis ist harmonischer Gleichklang. Genauso macht es der Projektleiter mit seinem Projektteam bzw. anderen Projektmanagern – er muss dabei nicht einmal selbst der beste Instrumentalist sein, geschweige denn die erste Geige spielen!
Gibt es einen Unterschied zwischen Projektleiter und Projektmanager?
Auch wenn die beiden Begriffe „Projektleiter“ und „Projektmanager“ häufig synonym verwendet werden, sind sie nicht hundertprozentig gleichzusetzen. Hierarchisch steht ein Projektleiter über einem Projektmanager, denn in einem Projekt können mehrere Projektmanager arbeiten, die vom Projektleiter koordiniert werden. Es muss allerdings nicht jeder Projektleiter (und auch nicht jeder Projektmanager) auf dem Papier als zertifizierter Projektmanager definiert sein.
Anforderung: Prozess- und Methodenwissen
Wie in jedem Bereich sind manche Menschen geborene Projektleiter, während sich andere wiederum Erfolg und Respekt härter erarbeiten müssen. Zusammengefasst führen letztendlich aber immer dieselben Schritte und Verhaltensweisen zum Ziel:
Ein Projektleiter …
- versteht unter Projektmanagement einen ganzheitlichen Ansatz, den bewussten Umgang mit Konflikten, eine aktive Steuerung der Kommunikation sowie die Betrachtung des Umfeldes.
- denkt und handelt projektbezogen und damit abteilungsübergreifend.
- nutzt Projektcontrolling als „Steuerung“ und nicht als „Kontrolle“.
- richtet seine Konzentration auf die Projektziele, nutzt die Stärken seines Teams, erkennt das Risiko des Scheiterns frühzeitig und setzt klare Prioritäten.
- kennt das breite Portfolio an Methoden und Werkzeugen im Projektmanagement und wendet dieses regelmäßig und vielfältig an; er weiß genau, welche Methoden und Werkzeuge für welche Situation im Projekt optimal sind.
- ist in der Lage, realistische und adäquate Projektpläne zu erstellen, die sich an der Größe, dem Risiko und der Komplexität des Projektes orientieren.
- koordiniert, steuert und managet den Projektmanagement-Prozess unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Rahmenbedingungen und Termine, Kosten und Ressourcen.
- wendet Moderations-, Präsentations- und Kreativitätstechniken regelmäßig und bewusst an.
- reflektiert das eigene Handeln, gewinnt Erkenntnisse und stimmt seine Vorgehensweisen immer wieder von neuem darauf ab.
Anforderung: Führung und Teamarbeit
Ein Projektleiter …
- verfügt über soziale Kompetenz und legt den Fokus auf den Teambuilding- und Entwicklungsprozess zu Beginn eines Projektes.
- ist bestrebt, Lösungen gemeinsam zu erarbeiten, um ihre Akzeptanz zu fördern.
- setzt herausfordernde und realistische Ziele und engagiert sich „kämpferisch“ für deren Erreichung.
- legt großen Wert auf die Mitsprache und die Mitgestaltung durch die Mitglieder des Projektteams.
- erkennt die Bedürfnisse und Potenziale seiner Projektmitarbeiter und fördert deren Entwicklung, ohne die Projektziele zu gefährden.
- delegiert Aufgaben im Projekt passend zur Qualifikation und Fähigkeit des Projektmitarbeiters.
- weckt Begeisterung bei seinen Projektmitarbeitern und sorgt für ein positives Klima.
- kennt die Wirksamkeit des eigenen Führungsstils und passt diesen an die Situation im Projekt an.
- ist Vorbild für die Mitarbeiter im Projekt hinsichtlich der Aufgabenerfüllung und Persönlichkeitswirkung.
Anforderung: Kommunikation
Ein Projektleiter …
- kennt die Vorteile einer transparenten Kommunikationsstruktur innerhalb einer Projektorganisation und kann diese optimal etablieren.
- weiß um die Wichtigkeit einer aktiven und bewussten Betreuung einflussreicher Stakeholder und Umfeldgruppen.
- macht die gewählte Strategie und Vorgehensweise für das Projektteam und das Projektumfeld transparent und verständlich.
- kann sich gut verständigen und besitzt die Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge einfach, knapp und strukturiert darzustellen.
- organisiert die Zusammenarbeit im Projektteam durch definierte Regeln, die nicht verordnet sondern gemeinsam erarbeitet werden.
- ist in der Lage, ein positives und wertschätzendes Arbeitsklima zu schaffen und lebt dieses vor allem vor.
- kennt die unterschiedlichen Persönlichkeitstypen, kann sich auf die Bedürfnisse unterschiedlicher Personengruppen gut einstellen und spricht deren „Sprache“.
- kann aktiv zu hören und stellt die richtigen Fragen; denn Fragen sind die Antworten.
- legt großen Wert auf Nachhaltigkeit und Akzeptanz von Entscheidungen.
Anforderung: Konfliktmanagement
Ein Projektleiter …
- weiß, dass die Durchführung von Projekten nur sehr selten ohne Konflikte abläuft, sei es innerhalb des Projektes, zwischen Projekt und Linie oder zwischen dem Projekt und den Stakeholdern.
- verhält sich aktiv bei Problemen und schwierigen Projektsituationen.
- geht Konflikten im Projektteam oder mit dem Management nicht aus dem Weg.
- agiert in der Sache hart und klar, zur Person hin aber auf eine wertschätzende Art und Weise.
- geht mit Kritik, auch an der eigenen Person, konstruktiv um.
- nimmt stets eine konstruktive Haltung ein; Stichwort „Problemorientierung vs. Lösungsorientierung“.
Muss ein Projektleiter ein „Wunderwuzzi“ sein?
Diese Auflistung der erforderlichen Skills eines Projektleiters des 21. Jahrhunderts klingt tatsächlich etwas nach der berühmten „eierlegenden Wollmilchsau“. Sie versteht sich als umfassende Kriteriensammlung, die sicher kein Projektleiter der Welt zu hundert Prozent in sich vereint. Sie ist aber eine wertvolle Stütze, die Impulse geben kann, worauf bei der Auswahl eines Projektleiters zu achten ist, bzw. in welchen Bereichen unter Umständen noch Defizite vorherrschen, die gelöst werden müssen.
Darüberhinaus ist es für einen Projektleiter absolut keine Schande, sich Unterstützung zu holen. Im Gegenteil zeugt dies eher von weiser Voraussicht und Kenntnis über die eigenen Fähigkeiten, um das Projekt sicher ans Ziel zu bringen. Hilfreich sind zum Beispiel Teammitglieder, die bereits Erfahrung mit Projektarbeit haben, oder eine Projektassistenz, die dem Projektleiter operative Aufgaben wie die Vereinbarung von Terminen, die Vorbereitung von Unterlagen und Meetings oder die Aktualisierung der Projektpläne abnehmen kann.
In manchen Fällen ist auch Unterstützung durch Experten von außen nötig. Vor allem, wenn man sich mit dem Projekt auf im Unternehmen völlig unbekanntes Terrain wagt oder der Projektverlauf immer mehr aus den Fugen zu gleiten scheint, ist der Input von Projektmanagern mit jahrelanger Erfahrung Gold wert.
Besonders angesichts einer drohenden Projektkrise kann frühzeitige Hilfe durch externe Profis die nötige Wende herbeiführen. Diesen fällt es leichter, die Reißleine zu ziehen bzw. das Projekt wieder auf Schiene zu bringen, bevor man vergeblich versucht, sich selbst aus dem Sumpf zu ziehen und möglicherweise nur noch weitere Ressourcen verschwendet werden.
Was bringt eine Zertifizierung zum Projektmanager?
Über die letzten Jahrzehnte haben sich diverse Projektmanagement-Standards entwickelt, zu denen es eigene Kurse, Prüfungen und Zertifizierungen gibt. Dazu zählen unter anderem PMI, IPMA, PRINCE2 oder Scrum, auch unter dem Schlagwort „Agiles Projektmanagement“ bekannt. Wer eine Zertifizierung vorweisen kann, bestätigt damit ein gewisses Know-How in diesem Bereich, denn „Projektmanager“ ist keine geschützte Berufsbezeichnung. So darf sich im deutschsprachigen jeder nennen, völlig unabhängig von Ausbildung oder Erfahrung.
Allerdings kann man die Zertifizierung zum Projektmanager – egal nach welchem Standard – mit der Erlangung des Führerscheins vergleichen. Nur wer die Erlaubnis in der Tasche hat, ein Kraftfahrzeug zu lenken, und weiß, was die Verkehrszeichen bedeuten und dass man am Zebrastreifen im Fall stehenbleiben muss, ist noch lange kein guter Autofahrer. Und wer bereits sicher über jede Landstraße kurvt, verzweifelt möglicherweise immer noch angesichts der vielen Ampeln und Spuren im dichten Verkehr einer Großstadt.
Auch als Projektmanager erlangt man die wahren Fähigkeiten erst durch jahrelange Erfahrung in der Praxis. Und umgekehrt kann so manche Führungskraft „mit Hausverstand und Konsequenz“ auch ohne einschlägige Ausbildung oder Zertifizierung jedes Projekt zum Erfolg führen.