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Soziale Kompetenz – ein Muss für Projektleiter?

Teamfähigkeit, Durchsetzungsvermögen, Kommunikations- und Reflexionsfähigkeit sind die Schlüsselfaktoren im Projektmanagement. Salopp zusammengefasst: Soziale Kompetenz! 

Reines Fach- und Methodenwissen reicht schon lange nicht mehr aus, die Anforderungen an einen Projektleiter des 21. Jahrhunderts sind um einiges diffiziler – ergänzt um die so genannten Soft Skills. Viele reden über „Soziale Kompetenz“ ohne sich bewusst zu sein, was es konkret bedeutet. Die Frage, was sich dahinter verbirgt, wird Ihnen jeder Mensch anders beantworten.

Was ist soziale Kompetenz?

Die Definition von „sozialer Kompetenz“ kann nur schwer in ein paar einfache Worte gefasst werden. Wikipedia meint:

„Soziale Kompetenz, häufig auch soft skills genannt, ist die Gesamtheit persönlicher Fähigkeiten und Einstellungen, die dazu beitragen, individuelle Handlungsziele mit den Einstellungen und Werten einer Gruppe zu verknüpfen und in diesem Sinne auch das Verhalten und die Einstellungen von Mitmenschen zu beeinflussen. Soziale Kompetenz umfasst Fertigkeiten, die für die soziale Interaktion nützlich oder notwendig sind.“

Soziale Kompetenz im Projektmanagement

Als Projektleiter hat man eine komplexe Aufgabe zu lösen und viele Beteiligte zu koordinieren. Mit dieser Aufgabe steht man quasi immer im Auge des Taifuns. Rundherum ist es turbulent bis stürmisch und man hat selten die Macht eines Linienmanagers um sich Kraft der Hierarchie durchzusetzen. Um dieser Herausforderung gewachsen zu sein und seinen Projektauftrag erfolgreich umzusetzen, ist eine gute Projektplanung und adäquates Projektcontrolling das Um und Auf.

Das reicht bei kleinen Projekten manchmal auch aus. Je größer und komplexer ein Projekt aber ist, desto wichtiger wird die soziale Kompetenz. Wer ein Großprojekt mit Standard-Projektplänen und E-Mail Kommunikation als wichtigsten Hilfsmitteln umsetzen möchte, wird nach kurzer Zeit mit fliegenden Fahnen untergehen.

Hilft die Zertifizierung zum Projektleiter?

Man kann sich heute nach unterschiedlichsten internationalen Standards zum Projektleiter zertifizieren lassen – dabei steht aber immer der fachlich-methodische Teil des Projektmanagements im Vordergrund. Mit der Zertifizierung in der Tasche weiß man, welche Projektpläne nötig sind, wie man in der Theorie einen Projektstart aufsetzt und dass man regelmäßig den aktuellen Stand der Dinge überprüfen muss. Wie man das angeht und ob man auch die erforderlichen sozialen Fähigkeiten für die Ausübung des Berufs Projektleiter mitbringt, wird dabei nicht überprüft.

Vergleichen wir dies mit dem KFZ-Führerschein, den die meisten von uns besitzen: Nach erfolgreicher Prüfung haben Sie die Berechtigung ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr zu lenken. Wie gut Sie das tun und ob Sie ein begnadeter Autofahrer sind – oder vielleicht später noch werden – ist damit nicht beurteilt. Sie wissen wo Bremse und Gaspedal sind, wie man schaltet, wo man den Treibstoff einfüllt, etc. Sie können das Fahrzeug technisch bedienen und sich an die geltenden Gesetze der Straßenverkehrsordnung halten. Das war dann aber auch schon alles.

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Ebenso ist auch die Zertifizierung zum Projektmanager lediglich der Startschuss, um durch Praxiserfahrung zu lernen, wie Projektmanagement in der Realität funktioniert.

Zusammensetzung der sozialen Kompetenz

Soziale Kompetenz ist äußerst komplex und schwierig zu definieren, da sie sich aus mehreren Komponenten zusammensetzt. Die aus unserer Sicht wichtigsten haben wir im Anschluss angeführt.

Kommunikationsfähigkeit

Soziale Kompetenz beginnt mit der Fähigkeit zur Kommunikation. Zur guten Kommunikation gehört auch die Fähigkeit des Zuhörens. Nur wenn Sie Ihrem Gesprächspartner aufmerksam und wertschätzend zuhören, sind Sie für neue Informationen empfänglich. Damit verbunden ist auch immer der Aufbau eines Vertrauensverhältnisses zum Gesprächspartner.

Natürlich umfasst Kommunikation auch inhaltliche und sprachliche Verständlichkeit und die Gabe, Gespräche zu beginnen, aufrechtzuerhalten, den Gesprächsverlauf zu beeinflussen und ein Gespräch zu beenden. Damit es nicht ganz so einfach ist: Kommunikation erfolgt immer auf verbaler und nonverbaler Ebene! Beobachten Sie aufmerksam die verbalen und nonverbalen Reaktionen Ihrer Umwelt und reagieren Sie wiederum entsprechend darauf!


Soziale Kompetenz heißt:
sein eigenes Verhalten situativ und flexibel an die Verhaltensweisen der Menschen seiner Umgebung anzupassen.


Teamkompetenz

Teamkompetenz bedeutet, die Fähigkeit zu besitzen situativ mit Mitgliedern eines Teams zu kooperieren, sowie Teamprozesse zu gestalten und zu steuern. Dazu gehört der beidseitige Austausch von Informationen, sich selbst und andere in das Team zu integrieren, Aufgaben im Team zu vereinbaren und abzustimmen und natürlich auch Ergebnisse der Teamarbeit als gemeinsame Leistung darzustellen. Da Projekte immer in Teams abgewickelt werden, ist dieser Faktor ein unbedingt notwendiges Kriterium für den Projekterfolg.

Empathie

Wer die Gabe hat, sich in andere Menschen hineinzuversetzen, hat einen erheblichen Vorteil im Umgang und in der Zusammenarbeit mit seinen Mitmenschen. Einfühlungsvermögen oder Empathie bedeutet, andere zu verstehen, deren Sichtweisen einzusehen, zu akzeptieren und entsprechend darauf zu reagieren. Fühlen wir uns verstanden, wird das Miteinander um einiges angenehmer!


„Urteile nie über einen anderen, bevor Du nicht einen Mond lang in seinen Mokassins gegangen bist“ – Indianische Redensart


Problemlösungsfähigkeit

Empathie zu besitzen bedeutet auch eine Verbesserung der Problemlösungsfähigkeit, da Konflikte aus anderen Perspektiven gesehen werden und somit konstruktiver und schneller gelöst werden können.

Konfliktfähigkeit

Konfliktfähigkeit heißt, den Mut zu haben, Konflikte aktiv anzusprechen, nicht davor davonzulaufen und auch nicht jedem sofort Recht zu geben. Seine eigene Meinung zu vertreten, ohne das Gegenüber abzuwerten, zeugt von sozialer Kompetenz. Ebenso Konflikte frühzeitig wahrzunehmen, sie einzuschätzen, rasch anzusprechen und zu lösen bzw. zu deeskalieren.

Reflexionsfähigkeit

Wahrnehmungs- und Reflexionsfähigkeit bedeutet, Situationen sensibel und situativ passend wahrzunehmen, wichtige Signale zu erkennen und der Situation angemessen interpretieren zu können. Wer reflexionsfähig ist, kennt und erkennt seine eigenen wunden Punkte und ist auch in der Lage, die eigene Position kritisch zu hinterfragen. Reflexionsfähige Personen holen sich meist regelmäßig Feedback zu Ihrem Verhalten im privaten und beruflichen Umfeld ein und verbessern so die Wahrnehmung ihrer eigenen Persönlichkeit.

Kritikfähigkeit

Dies führt uns zur nächsten Komponente der sozialen Kompetenz, der Kritikfähigkeit, also das Ausdrücken aber auch das Annehmen von Kritik. Das richtige Einfühlungsvermögen zu besitzen, Kritik richtig zu dosieren und konstruktiv auszudrücken ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor in der Zusammenarbeit und im Umgang mit anderen Menschen.

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Führungskompetenz

Führungskompetenz ist die direkte und indirekte Beeinflussung des Verhaltens von Personen – meist Mitarbeitern – zur Realisierung von (Projekt)Zielen. Die Ziele sind meist aus der Organisation abgeleitet bzw. Erwartungen von wichtigen Stakeholdern. Das Verhalten von Mitarbeitern kann einerseits durch die persönliche Beziehung und Eingehen auf die unterschiedlichen Motivationen, andererseits durch strukturelle Maßnahmen beeinflusst werden. Die Motivation von Mitarbeitern ist ein Teil der Führungsarbeit. Grundlage dafür ist die Fähigkeit, Beziehungen zu anderen Personen aufzubauen, aufrechtzuerhalten oder ggf. auch wieder abzubrechen.

Kann man soziale Kompetenz lernen?

Die beste Schule zur Erlangung „Sozialer Kompetenz“ ist das Leben. Unsere grundlegenden Verhaltensmuster werden zwar überwiegend in unserer Kindheit geprägt, aber natürlich kann man seine Persönlichkeit auch noch als Erwachsener weiterentwickeln. Es ist jedoch ein Irrtum zu glauben, dass es mit dem Besuch von ein oder zwei Seminaren getan ist.

Seminare und Trainings können bestenfalls die Richtung weisen und einen Rahmen zur Verfügung stellen, um am eigenen persönlichen Verhalten zu arbeiten. Sie erleichtern damit die (Weiter)Entwicklung der sozialen Kompetenz. Eine Garantie für eine bestimmte Verhaltensänderung gibt es nicht. Hier trifft das vielerorts verwendete Zitat zu: „Ich kann dir den Weg nur zeigen, gehen musst du ihn selbst!“

Selbst- und Fremdbild

Um diesen Weg zu gehen, ist die Übereinstimmung von Selbst- und Fremdbild von großer Bedeutung. Am ehesten wird dies durch einen längerfristigen Trainingsprozess unterstützt, wobei zur optimalen Wirksamkeit auch eine ergänzende Einzelberatung bzw. Coaching hilfreich sind. Wer sozial kompetente Familienmitglieder hat bzw. einen Vorgesetzten, der „gut mit Menschen umgehen“ kann, erwirbt durch die Vorbildwirkung quasi automatisiert ein Stück sozialer Kompetenz.

Lebenslanges Lernen

Die Entwicklung von sozialer Kompetenz fällt unter die Rubrik „Lebenslanges Lernen“. Sobald man neue Menschen kennen lernt, sich in neuen Arbeitsumfeldern bewegt oder sich privat in „unbekannte“ soziale Schichten begibt bzw. neue Freundeskreise aufbaut, ist die Weiterentwicklung von sozialer Kompetenz gefordert.

Bei manchen Personen funktioniert das ganz natürlich und selbstverständlich, andere brauchen etwas mehr Zeit oder „Nachhilfe“, um sich in neuen Umfeldern sozial zurecht zu finden. Hier ist es auch wichtig, den Mut zu haben, auf andere zuzugehen und sich nicht selbst auszugrenzen. Wer in Meetings nie den Mund aufmacht oder auf Social Events erst wieder nur scheu in der Ecke steht, trägt nicht viel zu seiner Weiterentwicklung bei. Soziale Kompetenz muss also in jedem Fall vom Einzelnen gefördert und entwickelt werden.

Der beste Weg, seine eigene soziale Kompetenz weiter zu entwickeln, ist, mit offenen Augen durchs Leben zu gehen, Methoden und Verhaltensweisen im Umgang mit anderen auszuprobieren und aus den somit erzielten Erfahrungen zu lernen. Dabei ist das altbekannte aber äußerst richtige Sprichwort ein guter Wegweiser: „Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andern zu!“ Oder umgekehrt formuliert: „Was du willst, das man dir tu, das füg zuerst den andern zu!“

Fazit

Ein Projektleiter, der nur Projektmanagement-Methodik-Wissen und wenig ausgeprägte soziale Kompetenz besitzt, wird es umso schwieriger haben und vielleicht sogar scheitern, je komplexer sein Projekt ist und je mehr Personen daran beteiligt sind.

Umgekehrt: Ein Projektleiter, der ausgeprägte soziale Kompetenz und wenig Projektmanagement-Methoden-Wissen besitzt, wird das Projekt meist mit Hausverstand und Charisma zum Erfolg führen. Auf jeden Fall kann er sich die notwendige Projektmanagement-Methodik relativ rasch aneignen, wohingegen man für die Entwicklung der sozialen Kompetenzen viele Jahre benötigt. Die Projektlaufzeit ist dafür auf jeden Fall zu kurz.


Projektmanagement-Methodik-Wissen ist innerhalb kürzester Zeit erlernbar, für die Entwicklung sozialer Kompetenz braucht man Jahre.


 

Zwei Komponenten der sozialen Kompetenz kann man als unabdingbare Basis für Projekte definieren: die Kommunikations- und die Teamfähigkeit, beide ohnehin eng miteinander verknüpft. Alle anderen angeführten Kompetenzen sind wichtig und quasi „das Schmiermittel“ im Projekt um die Vielzahl der Projekträdchen reibungslos ineinander greifen zu lassen. Ohne dieses Öl wird es zwar vielleicht auch funktionieren, aber es würde auf jeden Fall krachen und quietschen und die Gefahr des Rostens, Brechens und anschließenden Stillstands ist um ein Vielfaches größer, wenn zu wenig bzw. kein Schmiermittel vorhanden ist. Das heißt:

Projektleitung ohne soziale Kompetenz geht nicht!

Bei der Besetzung der Projektleitung eines komplexen Projektes sollten Sie sich im Zweifel für den Projektleiter mit den ausgeprägtesten sozialen Kompetenzen entscheiden. Zur Unterstützung können Sie ihm gegebenenfalls einen PM-Fachexperten zur Seite stellen. Die umgekehrte Herangehensweise wird jedoch nicht funktionieren!


Test: Bin ich sozialkompetent?

Je mehr Fragen Sie mit JA beantworten können, desto ausgeprägter ist Ihre Sozialkompetenz:

  • Ich kommuniziere in angepasster Art und Weise mit unterschiedlichen Personen.
  • Ich kann meine Standpunkte klar darlegen und fühle mich verstanden.
  • Ich kommuniziere offen, ehrlich und direkt, auch bei unangenehmen Mitteilungen.
  • Ich höre aktiv zu.
  • Ich kann andere für mich und meine Anliegen gewinnen und Vertrauen schaffen.
  • Ich kann eigene Gefühle glaubwürdig übermitteln, ohne mein Gegenüber zu überfordern.
  • Ich lasse Emotionen zu und kann angemessen mit den Gefühlen anderer Personen umgehen.
  • Ich kann mich in andere hineinfühlen.
  • Ich erkenne alltägliche Konflikte rechtzeitig und ergreife geeignete Maßnahmen.
  • Ich gehe konstruktiv mit Kritik um und bleibe fair in Auseinandersetzungen.
  • Ich bin auch zu Kompromissen bereit und suche nach win-win-Lösungen.
  • Ich setze mein Wissen und Können zugunsten des Teams ein, ordne Eigeninteressen den Interessen des Teams unter.
  • Ich bin bereit, von anderen Teammitgliedern Ideen aufzunehmen und auch von anderen zu lernen.
  • Ich nehme Anliegen anderer ernst und zeige Wertschätzung gegenüber diesen.
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