Anzeige

Projektkrise – Warum?

Projekte erfolgreich ins Ziel zu bringen ist heutzutage ein Key-Erfolgsfaktor für Organisationen. Unternehmen, die dies beherrschen, sichern sich Wettbewerbsvorteile gegenüber
 der Konkurrenz.

In den letzten beiden Jahrzehnten wurde viel Bewusstsein dafür geschaffen. Das Berufsbild des Projektmanagers mit fundierter Ausbildung und anschließender Zertifizierung ist etabliert. Nach wie vor kommen aber immer noch viele Großprojekte gehörig ins Straucheln, manche scheitern letztendlich komplett.

Was sind die Ursachen dafür? Kann man dies verhindern?

Klare Antwort: JA!

Ausgangssituation – weltweit ca. 500.000 zertifizierte Projektleiter

Die zunehmende Bewusstseinsbildung über die hohe Bedeutung von erfolgreichem Projektmanagement in der Wirtschaft hat einen stetig wachsenden Bedarf an professionellem Projektmanagement mit sich gebracht. Um dieser Nachfrage gerecht zu werden, hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten die Ausbildung bzw. Zertifizierung von Projektleitern quasi als Allheilmittel zur optimalen Durchführung von Projekten und Großprojekten entwickelt.

Mittlerweile gibt es einen kaum mehr überschaubaren Ausbildungsmarkt für Projektleiter. Projektmanagement wurde in die Schul- und Universitätsausbildungen integriert, diverse Zertifizierungsorganisationen, wie IPMA, PMI, TÜV, PRINCE2, etc. haben sich etabliert. Weltweit gibt es mittlerweile ca. 500.000 zertifizierte Projektleiter. Mit dieser Fülle an Experten-Know-how müsste doch jedes Großprojekt Erfolg haben. Oder doch nicht?

Anzeige

Das Bostoner Beratungsunternehmen Standish Group erhebt seit 1994 periodisch die Lage im IT-Projektgeschäft. Der „Chaos Summary 2009 Report“ – 400 Firmen wurden dazu befragt – stellt folgendes Ergebnis dar:

  • 24 Prozent der Projekte werden vorzeitig abgebrochen oder deren Ergebnisse kommen nach Fertigstellung nie zum Einsatz.
  • 44 Prozent der Projekte werden zwar durchgezogen, allerdings anders als geplant: Sie dauern längern, kosten mehr oder erreichen nicht, was zu Anfang geplant war.

Das bedeutet: Nur 32 Prozent der Projekte sind erfolgreich! Dies stellt im Vergleich zu den vorangegangenen Studien einen Anstieg (!) im Scheitern von Projekten dar. Anscheinend gibt
 es also neben der Auswahl des perfekt ausgebildeten und zertifizierten Projektleiters noch andere Einflussfaktoren auf Erfolg oder Misserfolg eines Großprojektes.

Warum scheitern Großprojekte?

Nachfolgend auszugsweise einige „Klassikerthemen“, die bei einem Großprojekt über Erfolg und Misserfolg entscheiden, wenn sie nicht sauber behandelt werden. Eine umfassende Abhandlung aller relevanten Themen würde ein Buch füllen.

Unklare Projektziele

Es geschieht häufiger als man denkt, dass Projekte ohne klar erkennbares Ziel vor sich hinplätschern. Wenn die involvierten bzw. betroffenen Führungskräfte eines Unternehmens das Kernziel eines Projektes – aus welchen Gründen auch immer – nicht gemeinsam festgelegt haben, arbeiten sie aneinander vorbei. Die Konsequenzen sind dann ausufernde Budgets, verschobene Termine und allgemeine Unzufriedenheit.

In vielen gescheiterten Projekten bestand oft keine Einigkeit darüber, welchen Umfang das Vorhaben annehmen sollte. Dies ist schon kritisch, wenn es im eigenen Unternehmen unterschiedliche Interpretationen gibt. Noch schwieriger wird es aber, wenn Ausschreibungen unklar formuliert sind und unterschiedliche Erwartungshaltungen zulassen.

Um einen Auftrag zu erhal
ten, versuchen Anbieter ihre Schwachstellen zu verbergen. Oft wird aber auch die eigene Leistungsfähigkeit überschätzt. Präsentationen und Verhandlungen finden meist auf der Ebene des Topmanagements statt. Da kann es schon vorkommen, dass die oberste Unternehmens-Ebene die Projektdauer verkürzt oder angebotene Leistungen reduziert werden, ohne sich vorher mit den Spezialisten über die Machbarkeit und Auswirkungen auf das Projekt auszutauschen.

Wichtige Stakeholder werden ignoriert

Es gibt immer einflussreiche Personen, die großes Interesse am Verlauf und Ergebnis des Projektes haben. Dies ist in erster Linie positiv zu sehen. Leider verfolgen die Stakeholder aber oft unterschiedliche Zielsetzungen, sodass nicht alle Interessen im Einklang mit den definierten Projektergebnissen stehen. Die daraus resultierenden Konflikte sind eine der größten Herausforderungen im Projektmanagement.

Worst-Case für das Projekt sind mächtige Stakeholder, die ein Interesse am Scheitern des Projektes haben. Das wird natürlich nie offen so gesagt. Es geht dabei meist um die klassischen „Machtspiele“ in einer Organisation, oft sind aber auch persönliche Eitelkeiten und offene alte zwischenmenschliche Rechnungen der Grund dafür.

Anzeige

Je mehr Veränderung ein Projekt in eine Organisation bringt, desto mächtigere Stakeholder werden auftauchen. Wenn diese nicht laufend in das Projekt eingebunden werden, dann werden sie Mittel und Wege finden, sich über andere Kanäle Informationen zum Projekt zu holen und Einfluss auf das Projekt auszuüben.

Unzureichende Planung & Steuerung

Viele Projekte, die scheiterten, besaßen keine aktuelle oder – noch schlimmer – überhaupt keine Gesamtprojektplanung. Dabei ist dies die einzige Möglichkeit, ein Projekt detailliert zu durchleuchten und zu steuern.

Bei fast 50% der Projekte fehlt ein Projektstab, der sich angemessen um Planung, Risikomanagement und operative Steuerung des Projektes kümmert. Und hier sind nicht die Fachexperten gemeint, die das Projekt inhaltlich konzipieren und umsetzen sollen,
sondern die Personen, die dafür sorgen, dass eben diese Fachexperten sich auf ihre inhaltliche Arbeit konzentrieren können.

Ein erfahrener, gut ausgebildeter Projektleiter ist hier die erste Wahl und nicht der beste Fachexperte. Aber auch wenn der Projektleiter noch so gut ausgebildet ist, kann er die bei Großprojekten notwendigen Aufgaben alleine nicht mehr schaffen und benötigt zusätzliche Ressourcen für die Projektsteuerung.

Komplexität wird unterschätzt

Mit der Projektgröße steigt auch die Anzahl der Projektmitarbeiter und -beteiligten, und damit die Zahl der Kommunikationsschnittstellen, exponentiell. Dazu kommt oft noch das Spannungsfeld zwischen den prozessualen fachlichen Anforderungen (Fachbereichsseite) und der technischen Sicht (IT-Seite).

Oft wird auch der technische Aufwand unterschätzt. Viele Projektteams planen nach Best-Case-Szenarien. Wenn die Realität das Projekt einholt, fallen erhebliche Mehrkosten an und die Laufzeit verlängert sich. Mit der Größe eines Projektes steigt auch das zu steuernde Projektumfeld mit all seinen Stakeholdern und Interessensgruppen, die versuchen, Einfluss auf das Projekt zu nehmen.

Keine ausreichenden Projektressourcen, Key-Player fallen aus

Zu Beginn eines Projektes sind die Ressourcen, die man für die geplante Projektabwicklung benötigt, meist vorhanden. Durch inhaltliche Änderungen werden aber oft zusätzliche Ressourcen benötigt. Oft stellt sich auch erst im Laufe der Projektarbeit heraus, dass man die Komplexität unterschätzt hat und mehr Ressourcen als angenommen benötigt.

Mitarbeiter können krank werden, manche kündigen zwischenzeitlich selbst und auch das Thema Karenz kann (mittlerweile auch bei Männern) schlagend werden. Oft sind Mitarbeiter auch in anderen Projekten tätig. Werden diese Projekte dann kurzfristig höher priorisiert, geht das auf Kos
ten des Projektes.

Zwingende Linientätigkeiten sind meist auch bevorzugt vor Projektaktivitäten abzuarbeiten (hier wird der klassische Konflikt zwischen Linie und Projekt schlagend). Auch unternehmensweite Sparprogramme sind nicht zu unterschätzen: Budgets werden reduziert, Planstellen gestrichen und manchmal auch Mitarbeiter abgebaut. Die Auswirkungen spüren man dann direkt im eigenen Projekt.

Einsatz von neuen – oft noch nicht ausgereiften – Technologien

In technisch komplexen Projekten werden häufig neue Technologien eingesetzt, die erst im Projekt entwickelt bzw. ausgereift werden. Diese Innovationen werden eingesetzt, um First-Mover-Vorteile zu nutzen. Dagegen ist im Allgemeinen nichts einzuwenden. Oft ist der Einsatz neuer Technologien sogar der primäre Auslöser für ein Projekt.

Neue Technologien haben aber auch ihre Tücken. Da sie noch unerprobt sind, gibt es dafür nicht die gleichen Erfahrungswerte wie bei altbewährten Technologien. Dadurch birgt ihr Einsatz naturgemäß ein höheres Risiko als althergebrachte Lösungen. Oft mangelt es auch an entsprechendem Know-how (intern und extern), da das Fachwissen dafür erst aufgebaut werden muss. Und wenn die benötigten Experten gefunden sind, muss wahrscheinlich etwas tiefer als geplant in die (Brief)Tasche gegriffen werden. Die Experten wissen, dass sie gesucht sind!

Im Zuge des Projektes stößt man in der Detailarbeit auch immer wieder auf neue technische Herausforderungen, die nicht vorhersehbar waren. Hier wird dann oft eine „neue Technologie“ als Rettungsanker gesehen, die alle Probleme auf einmal zu lösen scheint. Zumindest werden das die Verkäufer des Herstellers versprechen.

Häufen sich die Entscheidungen, solche „Rettungsanker“ einzusetzen, ist ein Projekt rasch in der Situation, dass der überwiegende Teil der eingesetzten Technologien neu ist oder sogar noch Pilotcharakter aufweist. Das Risiko des Scheiterns des Projektes wird dadurch sukzessive erhöht.

Ziel- & Richtungsänderungen im Projekt

Es gibt natürlich den Fall, dass die Projektziele beim Projektstart unmissverständlich formuliert sind, allen Beteiligten klar ist, wohin die Projektreise geht und wie man dorthin kommen will. Je mehr aber inhaltlich gearbeitet wird, desto mehr Detailwissen ist plötzlich vorhanden und desto öfter wird der Wunsch laut, die Projektziele und -inhalte zu verändern.

Dagegen spricht grundsätz
lich einmal nichts. Wenn man erkennt, dass man nicht optimal unterwegs ist, sollte man den Kurs korrigieren. Aber Vorsicht: Änderungen müssen auch hinsichtlich der Auswirkungen auf den vorhandenen Projektplan bewertet werden.

  • Sind zusätzliche Ressourcen nötig?
  • Verschieben sich Termine?
  • Benötigt das Projektteam zusätzliche Skills?
  • Entstehen Zusatzkosten? Wer trägt diese?
  • Sind bereits erarbeitete Projektergebnisse dadurch tangiert bzw. muss hier noch nachgearbeitet werden?

Hier ist der Projektleiter stark gefordert, genau zu überprüfen, welche Auswirkungen mögliche Änderungen auf das weitere Vorgehen im Projekt haben. Man muss sich bewusst sein: Ständige Veränderungen der Anforderungen („moving targets“) und deren mangelhafte Dokumentation sind deutliche Risikofaktoren in Projekten.

Zur Verdeutlichung: Versuchen Sie einmal, mit einem Dart-Pfeil eine umherhüpfende Scheibe zu treffen!

Management des Change wird ignoriert

Projekte bringen auch jede Menge Veränderungen mit sich. Bei überwiegend technischen Projekten (z.B.: Logistik, Bau), wo primär extreme organisatorische Komplexität zu bewältigen ist, wird klassisches Projektmanagement ein Erfolgsfaktor sein.

Wenn Veränderungen aber tief in Struktur und Kultur einer Organisation eingreifen, dann genügt die rein technische Planung und Abwicklung nicht mehr, um den Projekterfolg zu gewährleisten, sondern das Augenmerk muss auch intensiv auf die Gestaltung des sozialen Umfeldes gelegt werden.

Hier geht es darum, die jetzt und zukünftig betroffenen Menschen aktiv in den Veränderungsprozess einzubinden. Nur dadurch kann man Ängste und Widerstände bearbeiten und Akzeptanz für die zukünftige Lösung schaffen. Hier sind ergänzend zum Projektmanagement Methoden der Organisationsentwicklung gefragt. Leider wird diesem Umstand in vielen Projekten nicht genügend Rechnung getragen.

Gerade in IT-Projekten wird oft nur der fachlich-technische Aspekt ausreichend bearbeitet, was dann oft dazu führt, dass sogar hervorragend technisch umgesetzte Projekte letztendlich als Misserfolg dastehen, da die Kunden – auch Mitarbeiter sind hier Kunden – die entwickelte technische Lösung ablehnen bzw. ignorieren.

Was kann man tun um die oben angeführten Punkte zu vermeiden?

Die Gesamtverantwortung für den Erfolg eines Projektes liegt beim Projektleiter. Daher ist es auch seine Aufgabe, die oben beschriebenen Probleme zu (er)kennen und sie entweder zu vermeiden oder bei ihrem Eintritt zu lösen. Mit folgenden Maßnahmen können Sie als Projektleiter bzw. Projekt-Auftraggeber diese Herausforderungen bewältigen.

Projektziele klar formulieren

Der erste Schritt beim Start eines Projekts ist, die Ziele – und auch die Nichtziele – klar und eindeutig zu formulieren. Diese Aufgabe liegt vollverantwortlich beim Projektleiter. Sind die Ziele formuliert, muss der Projektleiter diese mit dem Projektauftraggeber und in weiterer Folge auch mit allen wichtigen Stakeholdern des Projektes intensiv abstimmen.

Optimalerweise werden die Ziele und Nicht-Ziele schriftlich in einem formalen Projektauftrag dokumentiert, der darüber hinaus auch noch Rahmenbedingungen, Budget, Start- und Endtermin, Projektteam und den gewünschten Projektnutzen enthält. Erst wenn diese Abstimmung erfolgreich gelungen ist, soll das Projekt gestartet werden.

Ganz klare Empfehlung: Kein Projektstart ohne definitiv festgelegte und abgestimmte Projektziele.

Stakeholder ins Boot holen

Loten Sie aus, welche Stakeholder welche Interessen verfolgen und vor allem warum. Oft liegen die unterschiedlichen Zielsetzungen der Stakeholder gar nicht so weit auseinander, wie es auf den ersten Blick scheint. Analysieren Sie, welchen Einfluss jeder Stakeholder auf das Projekt ausüben kann. Vergessen Sie dabei auch nicht zu berücksichtigen, welche Seilschaften, Verbindungen und Netzwerke unter den Stakeholdern bestehen. Die formale Macht ist nicht immer das ausschlaggebende Kriterium.

Sorgen Sie dafür, dass sich alle wichtigen Stakeholder im Projektlenkungsausschuss befinden. Ist das nicht möglich, z.B. weil es zu viele sind, etablieren Sie zusätzliche Gremien – z.B. ein Sounding Board – damit diese Personen eine Möglichkeit haben, ins Projektgeschehen aktiv eingebunden zu sein. Unternehmen Sie alles, um offene Information und Diskussion zu ermöglichen. Zeigen Sie das Verbindende aus den Erwartungen der Stakeholder auf und holen Sie sich von allen ein Commitment dazu ein.

Die Praxis zeigt, dass Projektleiter, die den Umgang mit vielen Stakeholdern beherrschen, ein wichtiger Erfolgsfaktor sind.

Aus den beliebten „Machtspielen“ sollte man sich als Projektleiter tunlichst heraushalten und sich auch nicht dafür instrumentalisieren lassen. Hier kann man nur verlieren. Wenn man als Projektleiter so mächtig wären, um mit „Macht“ die Projektinteressen durchzusetzen, dann wären man nicht Projektleiter, sondern entweder Projektauftraggeber oder irgendwo in der Vorstandsetage des Unternehmens. Außerdem, sobald man selbst „Mitspieler“ ist, kann man nicht mehr neutral und im Sinne des Projekts agieren.

Das mächtigste Instrument, das ein Projektleiter hat, ist Transparenz. Am besten schafft man Transparenz auf allen Ebenen:

  • Welche Entscheidungen wurden getroffen und warum?
  • Wie sieht der konkrete Vorgehensplan aus?
  • Welche Probleme gibt es und warum?
  • Welche Risiken bestehen und mit welchen Auswirkungen ist bei Risikoeintritt zu rechnen?

Als Projektleiter darf man sich auch nicht scheuen, die unterschiedlichen Interessen der Stakeholder anzusprechen. Nur so kann man sicherstellen, dass darüber diskutiert wird, wie man diese Interessen unter einen Hut bringen kann bzw. welche Kompromisse man eingehen muss.

Nur Profis als Projektleiter

Wer bei der Besetzung des Projektmanagers – oft mangels Alternativen – Kompromisse macht, legt damit auch gleich den Grundstein für nachfolgende Schwierigkeiten im Projekt. Je größer und wichtiger ein Projekt ist, desto wichtiger ist es, die Position des Projektleiters bestmöglich zu besetzen. Umfassende Erfahrung auf dem Gebiet des Projektmanagements kann hier durch nichts ersetzt werden!

Die nach wie vor oft geübte Praxis, dem besten fachlichen Experten die Funktion des Projektleiters zu übertragen, wird hier zum Bumerang. Der fachliche Experte wird seinen Fokus auf die inhaltliche Arbeit legen. Der „echte“ Projektmanager wird seinen Fokus auf die Strukturierung, Planung und Steuerung des Projektes legen und die fachliche Arbeit den Experten überlassen.

Genau so, wie es der Vorstand einer Firma macht. Und genau wie ein Firmenvorstand benötigt ein Projektleiter ab einer gewissen Projektgröße einen Stab an Personen, die ihn bei dieser hochkomplexen Managementaufgabe unterstützen. Das können interne Mitarbeiter oder externe Berater sein.

Überschaubarkeit durch kleine Arbeitseinheiten

Der wichtigste Schritt, um Komplexität beherrschbar zu machen, ist das Projekt in kleine überschaubare Einheiten herunter zu brechen. Diese kleinen Einheiten sind dann auch leichter plan- und steuerbar. Wenn nötig kann das Projekt auch in mehrere autonome Projekte aufgesplittet werden.

Die Komplexität des Projektes bleibt in der Regel unverändert, wird durch die Planung auf Basis kleiner Einheiten aber anders wahrgenommen. Standardisiertes Vorgehen – es gibt hier ja für quasi jedes Themengebiet unzählige Vorgehensmodelle – ist ein weiterer wichtiger Baustein auf dem Weg zur Komplexitätsreduzierung.

Weitere Grundregel:
Nicht jeder Projektmitarbeiter muss über alle Geschehnisse im Projekt und deren Hintergründe im Detail Bescheid wissen. Hier ist, wie auch sonst im heutigen Arbeitsleben, das Fachexpertentum und die Konzentration auf klar abgegrenzte Themengebiete gefragt. Natürlich muss aus Projektsicht sichergestellt werden, dass die erarbeiteten „Einzelteile“ letztendlich auch zusammenpassen. Für diese themenübergreifenden Querschnittsfunktionen sind eigene Aktivitäten und Rollen im Projekt vorzusehen.

Key-Ressourcen sind der Schlüssel

Identifizieren Sie Ihre Key-Player im Projekt, bei denen Sie wissen, dass diese bei Ausfall auf Grund ihres Know-hows nur schwierig ersetzbar sind. Was bedeutet es für das Projekt, wenn einer dieser Key-Player ausfällt?

Dass man sich bewusst ist, wer die Keyplayer im Projekt sind und welche Auswirkungen ein Ausfall verursacht, ist ein erster wichtiger Schritt. Dann klärt man ab, ob und wie diese Keyplayer auf Grund Ihrer Linientätigkeiten oder anderer Projekte verfügbar sind. Dabei müssen auch geplante Urlaube, Weiterbildungsmaßnahmen, aber auch ungeplante Abwesenheiten berücksichtigt werden.

Planen Sie für diese Key-Player möglichst genau – am besten auf Monatsbasis – wie viel Zeit sie für das Projekt benötigen, inkl. geplante und ungeplante Abwesenheiten. Lassen Sie die Key-Player auch selbst schätzen. Diese wissen meist sehr gut, wie viel Zeit sie für ihre Tätigkeiten im Projekt benötigen. Im Zweifel schätzt man die Aufwände gemeinsam oder holt sich noch einen weiteren Experten dazu.

Ist die Planung erledigt, vergleicht man die verfügbare Zeit (IST) mit den geplanten Aufwänden im Projekt (SOLL). Meist wird man feststellen, dass es Zeiträume gibt, in denen manche Keyplayer nicht ausreichend verfügbar sind. Der Worst Case ist aber, dass die Key-Ressourcen generell zu wenig Zeit für das Projekt haben.

Dann ist es an der Zeit, die Auswirkungen bei Ihrem Projektauftraggeber oder im Lenkungsausschuss anzusprechen. Wichtig dabei ist es, die „Differenzen“ zwischen IST und SOLL genau zu dokumentieren und auf zu zeigen, welche Auswirkungen dies auf die Projektarbeit hat.

Als Projektleiter darf man aber nicht nur das Problem aufzeigen, sondern muss auch konkrete Lösungsvorschläge zur Diskussion vorbereiten. Unabdingbar ist es eine Lösung für das Ressourcenthema einzufordern, z.B. Freispielen der Mitarbeiter in anderen Projekten, Einstellung neuer Mitarbeiter, Beiziehung von externen Kräften, etc. oder eine Anpassung der Projektplanung (Inhalte, Termine) an die Ressourcensituation. In der Regel muss man entweder Projektinhalte streichen oder Termine nach hinten schieben.

Lassen Sie sich nicht überreden es „einmal zu versuchen“. Dann stehen Sie nur zu einem späteren Zeitpunkt mit denselben Problemen da und haben bis dahin noch dazu Zeit verloren. Überlegen Sie, wie Sie als Projektleiter Ihre bestehenden Mitarbeiter motivieren und möglichst lange im Projekt halten können. Schaffen Sie Bewusstsein in
der Linie für die Wichtigkeit des Projektes, um Überlastung und Frustration und vielleicht sogar Kündigung der Mitarbeiter zu verhindern.

Wenn es trotzdem passiert – ganz können Sie das nie ausschließen – sollten Sie zumindest schon einen Plan B im Kopf haben.

Die Risiken neuer Technologien prüfen

Als Projektleiter muss man offen für den Einsatz neuer Technologien sein, aber man muss auch immer evaluieren, welche Risiken man dadurch auf sich nimmt. Man sollte immer auf einer fundierten Bewertung der Vor- und Nachteile und der möglichen Risiken durch Technik-Experten bestehen.

Informationen einzuholen, wo diese Technologie schon im Einsatz ist und wie sie sich bewährt hat ist unabdingbar. Genauso sollte man Ratschläge von Personen einholen, die selbst konkrete Erfahrungen mit dieser neuen Technologie gemacht haben.

Neue Technologien werden meist mit dem Argument „schneller, größer, besser, zukunftssicherer“ angepriesen. Dabei muss man kritisch bleiben. Durch die Neuartigkeit einer Technologie, hat man in der Regel auch erhöhte Aufwände bei der Einführung. Know-how muss aufgebaut und Lernzyklen müssen eingeplant werden. Noch nicht bekannte Probleme können unerwartet auftauchen und müssen dann erst einmal analysiert und in weiterer Folge auch gelöst werden.

Oft stehen auch die Produkthersteller selbst vor noch nicht bekannten Problemen. Das kann man sich durch Einsatz „altbewährter“ Technologien oft ersparen – diese sind aber natürlich nicht so „sexy“.

Auch die so oft gepriesene Zukunftssicherheit dieser Technologien muss sich erst einmal beweisen – und zwar in der Zukunft, die leider nicht so einfach vorhersehbar ist. Wenn man schlussendlich überzeugt ist, dass die neue Technologie das Richtige ist, dann sollte man diese einsetzen, dabei aber immer auch mit unerwarteten Hürden rechnen und Zeit und Ressourcen für deren Überwindung einplanen.

Wichtig ist es als Projektleiter darauf zu achten, dass im Projekt nicht nur „Neues“ eingesetzt wird. Dadurch erhöht sich unnötig das Risiko zu scheitern. Bewährt hat sich ein Mix aus altbewährter und neuer innovativer Technik. Ein Verhältnis von 2:1 zwischen ALT und NEU gilt als guter Richtwert. Alles was man darüber hinaus an neuer Technologie anwenden will, sollten auf jeden Fall fundiert überlegt sein und man sollte sich der Risiken, die man damit eingeht, bewusst sein.

Auch in der Raum- und Luftfahrt, einer Branche die als State-Of-The-Art gilt, kommen teilweise alte – dafür aber bewährte und gut bekannte – Technologien zum Einsatz. Das Space Shuttle war über 30 Jahre im Einsatz. Die Boing 747 transportiert ihre Fluggäste seit mehr als 50 Jahren zuverlässig und problemlos um die Welt – natürlich mit laufender Einführung neuer Technologien.

Die ersten Auslieferung des „neuen“ Airbus A380 als Passagierflugzeug konnten wegen technischer Schwierigkeiten erst mit massiven Terminverzögerungen erfolgen. In den ersten Jahren gab es massive Kritik seitens der Kunden, da häufige Defekte zu Ausfällen und erheblichen unplanmäßigen Standzeiten der Flugzeuge führten.

Zieländerungen im Projekt nur mit Beurteilung der Konsequenzen

Verweigern Sie als Projektleiter nicht grundsätzlich Änderungen der Projektziele und -inhalte. Sonst stehen Sie bald als „Verhinderer“ da. Sammeln Sie alle Vorschläge und Ideen, strukturieren Sie diese und überprüfen Sie genau, welche Auswirkungen mögliche Änderungen auf das weitere Vorgehen im Projekt haben. Beziehen Sie dabei auch Key-Player aus Ihrem Projektteam ein. Dokumentieren Sie die Ergebnisse schriftlich – eine SWOT-Analyse ist hier auch immer sehr hilfreich.

Klären Sie mit Ihrem Auftraggeber bzw. dem Projektlenkungsausschuss welche Änderungen
 – mit dem Bewusstsein der möglichen Konsequenzen – an den Projektzielen und -inhalten vorgenommen werden sollen. Adaptieren Sie anschließend mit Ihrem Projektteam den Projektplan und sorgen Sie dafür, dass diese Informationen auch alle Projektmitarbeiter erreichen. Bleiben Sie wachsam und überprüfen Sie regelmäßig, ob es Veränderungen an Projektzielen bzw. -inhalten gibt.

Bearbeitung von Ängsten & Widerstand

Stellen Sie sicher, dass der Themenbereich „Change-Management“ im Projekt von Experten verantwortlich bearbeitet wird. Wenn es dafür keine geeigneten Experten in Ihrem Unternehmen gibt, holen Sie sich Unterstützung durch externe Berater. Dies ist eine wichtige Aufgabe, die man nicht einfach so nebenbei erledigen kann und schon gar nicht, wenn man nicht das entsprechende Know-how dafür hat.

Integrieren Sie alle notwendigen Aktivitäten in den Projektplan, dadurch gewährleisten Sie, dass diese Dinge im Blickfeld des Projektcontrollings bleiben und somit auch umgesetzt werden.

Arbeiten Sie auf allen sozialen Ebenen (Lenkungsausschuss, Projektteam, Experten, Mitarbeiter) und entscheiden Sie je nach Projektverlauf, welche Intervention gerade optimal ist. Nehmen Sie Ängste und Widerstände ernst und bearbeiten Sie diese. Reflektieren Sie Veränderungen, die das Projekt mit sich bringt mit den Betroffenen. Dadurch bauen Sie nachhaltige Akzeptanz für die Projektergebnisse auf.

FAZIT

Es gibt eine Vielzahl von Faktoren die berücksichtigt sein müssen, um ein Projekt erfolgreich ins Ziel zu bringen. Sind die hier erwähnten optimal beachtet, sollte jedes Großprojekt in geordneten Bahnen verlaufen.

Der größte Hebel für den Erfolg im Projektgeschäft ist sicherlich der Einsatz eines erfahrenen Projektleiters, der weiß, mit welchen Herausforderungen er es zu tun haben wird und mit welchen Lösungen er ihnen gegenüber treten muss. Die wirksamste ist dabei immer eine saubere Planung, damit man Stolpersteine bereits im Vorfeld aus dem Weg räumen oder überwinden kann, wenn sie dann doch auftauchen.

Hier sollte noch erwähnt werden:
Das perfekte Projekt gibt es nicht! Aufgaben, die völlig reibungslos ablaufen, würden nicht als Projekt, sondern in der Linie abgewickelt werden. Ein gewisses Risiko ist immer dabei!

Doch frei nach Erich Kästner: Auch
 aus Steinen, die dir in den Weg gelegt wurden, kannst du etwas Schönes bauen. Und so sollten gerade die schwierigen Bereiche in Projekten als willkommene Herausforderung und Chance gesehen werden, neue Erfahrungen zu sammeln, um beim nächsten Mal nicht mehr über dieselben Steine zu stolpern. Denn Fallen ist keine Schande, Liegenbleiben schon.


Für Projektauftraggeber:
So bringen Sie jedes Projekt zum Scheitern

  • Ändern Sie öfters die Projektziele, aber lassen Sie sich nicht schriftlich festnageln.
  • Ernennen Sie den fachlich besten Experten zum Projektleiter und fordern Sie von ihm hauptsächlich inhaltliche Arbeit.
  • Engagieren Sie keine PM-Experten.
  • Achten Sie darauf, dass das Projektteam möglichst groß ist.
  • Ignorieren Sie wichtige Stakeholder.
  • Berichten Sie so wenig als möglich vom Projekt an das Top-Management im Unternehmen.
  • Teilen Sie die vorhandenen Ressourcen auf alle Projekte im Unternehmen auf und priorisieren Sie alle Projekte gleich hoch.
  • Setzen Sie in Ihren Projekten immer die absolut neuesten „State-Of-The- Art“ Technologien ein.
  • Verzichten Sie auf Change-Management.

Für Projektleiter:
So bringen Sie Ihr Projekt erfolgreich ins Ziel

  • Kein Projektstart ohne definitiv festgelegte und abgestimmte Projektziele.
  • Änderung von Projektzielen nur in Verbindung mit Aufzeigen der Konsequenzen.
  • Keine Kompromisse bei Erfahrung und Qualifikation des Projektleiters eingehen.
  • Unterstützung des Projektleiters bei den Projektmanagement-Aufgaben durch einen Mitarbeiterstab.
  • Überschaubarkeit der Komplexität durch plan- und kontrollierbare Arbeitseinheiten.
  • Unterschiedliche Interessen der Stakeholder mit den Projektzielen in Einklang bringen.
  • Erstellung eines Plan B, falls Key-Ressourcen ausfallen.
  • Je höher die Priorität des Projektes, desto mehr Ressourcen 
stehen zur Verfügung.
  • Sind zu wenige Ressourcen vorhanden, müssen Termine und/oder Inhalte REALISTISCH angepasst werden.
  • Erprobtes und Altbewährtes reduziert das Risiko; neue Technologien nur beimischen.
  • Projekte bringen Veränderung und damit Angst und Widerstand mit sich; dies muss bearbeitet werden.
Anzeige

Weitere Fachartikel

Auch interessant

Buchtipps

Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige